„Bücher to do stapel“(II)
Auf ein zweites Mal eine kleine Vorausschau auf meine zukünftige Literatur. Wie immer handelt es sich dabei größtenteils um außeruniverisitären Kram, der wohl am besten unter das Label posttradititionsmarxistisch einzuordnen wäre. Kurz gesagt, von kritischer Theorie Frankfurter Provenienz, über situationistische Revolutionshysterie zu orthodoxer Wertkritik(dieser 3 schrittige Parforceritt könnte für die radikale Linke ruhig paradigmatisch werden, soll heißen: eine in actu situationistische mit kritischer Theorie angereicherte Wertkritik[zugegeben als Fahnespruch auf Demos weniger geeignet: „Für eine situationistische mit kritischer Theorie angereicherte Wertkritik“ klingt einfach nicht so schick wie „Für den Kommunismus])
Horkheimer, Max: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, Frankfurt am Main 1985
Dieses als „Dialektik der Aufklärung light“, da nicht ganz so apodiktisch, bekannte Werk, kann wohl neben dem Obengenannten als das wichtigste Werk der kritischen Theorie angesehen werden. Max Horkheimer geht in diesem Kompendium der Frage nach, warum die Menschheit eben nicht in den erhofften menschlichen Zustand eingetreten ist, und stattdessen in der absoluten Barbarei zu versinken drohte. Da Abfassen dieses Werkes Ende der 30er Jahre stattgefunden hat, lässt sich hinzufügen: versunken ist. Im Englischen Original als „Eclipse of Reason“ veröffentlicht ist der deutsche Titel wohl eher schlecht gewählt. Ein besserer Titel wäre wohl die „Tautologisierung der Vernunft“ oder Ahnliches gewesen. Horkheimer selbst versucht darin zu beschreiben, wie sich der zuerst emphatische Vernunftbegriff der frühen Aufklärung, in Zeiten des technokratischen Positivismus in sein Gegenteil verkehrte. In seinen eigenen Worten: „Mehr und mehr verliert das moderne Denken die Fähigkeit, neben der Effektivität der Mittel auch die Vernünftigkeit der Zwecke zu beurteilen“(Vorwort). In anderen Worten, die tautologische Bewegung des Kapitals in der das Mittel zum Zweck, immer wieder aufs Neue zum Mittel degradiert wird, sedimentiert sich auch in den Köpfen der Menschen. Inwieweit die durchwegs irrationale kapitalistische Binnenrationalität sich in den je Einzelnen durchgesetzt hat, lässt sich an jedem x-beliebigen Sozialprotest zeigen. Diese Vernunftkonzeption ist dabei das genaue Gegenteil der Verwirklichung des je einzelnen Menschen.
Horkheimers aufgrund seiner Transhistorizität problematischer Aufklärungsbegriff und seine damit Hand in Hand gehende Idealisierung der frühen Aufklärer(Innen) des dräuenden Kapitalismus, sei hier nur nebenbei erwähnt.
Weiters finden sich in diesem Werk, deshalb zu Anfangs auch die Klassifizierung als Kompendium, als zweiter Teil, mehrere philosophische sowie soziologische Vorträge Horkheimers. Darunter sind solch bekannte wie „Autorität und Famlie in der Gegenwart“, aber auch fast persönlich und im Duktus jovial wirkende Notizen, wie z.B. „Zur Ergreifung Eichmanns“.
Enderwitz, Ulrich: Konsum, Terror und Gesellschaftskritik – Eine Tour d´horizon, Münster 2005
Wie es der Untertitel schon erwähnt handelt es sich bei diesem Büchlein von Ulrich Enderwitz wirklich nur um eine „Tour d´horizon“. Auf knapp 120 Seiten versucht Enderwitz solch ausufernden Themen dem Verhältnis zwischen „Spätkapitalismus und Absatzkrise“(ja, das riecht nach Krisentheorie) demselben zwischen „Imperialismus und Islamismus“ nachzugehen. En passant soll dann auch die die Entwicklung der (post)andideutschen Linken zur affimatorischen Claqueurskompagnie erklärt werden. Dies kling nach einer ganzen Menge. Dieses Buch kann somit wohl auch als letzter Schritt der „Traditionalisierung des Ulrich Enderwitz“(ca-ira Mannen) angesehen werden. Trotz der teilweise auf Distinktionsakademismus frisierten Sprache ist dieses Werk für zwischendurch eine nette Anschaffung.
Außerdem lässt es sich komplett auf der der Enderwitzschen Homepage herunterladen.
Jappe, Anselm: Die Abenteuer der Ware – Für eine neue Wertkritik, Münster 2005
Anselm Jappe unternimmt unter falschem Emblem hier eine ehrenvolle Aufgabe. Mit diesem seinem Werk ist nun erstmals eine fundamentale Einführung in das Theoriegebäude der Wertkritik erschienen. Dieser ist immer schon ein marxologischer Hermetismus vorgeworfen worden. Diese Einführung sollte diese Mär nun endgültig Lügen strafen. Denn darin werden in durchwegs konziser Sprache die theoretischen Entwicklungen der letzten 15 Jahre der Zeitschrift „Krisis“(siehe auch unter Links) ausgerollt. Trotz diesen unbestreitbaren Meriten des Werkes geschieht dies aus zweierlei Gründen auf tönernen Füßen. Einerseits erwähnt Jappe zwar alle wertkritischen Basics von A wie Arbeitskritik bis Z wie Zusammenbruchtstheorie, dem essentiellen Abspaltungstheorem von Roswitha Scholz zollt er aber nur mit einer randglossarischen Fußnote Respekt. Deswegen ist es auch durchaus korrekt Jappes Monographie als Resumee der Krisis - Theoriebildung zu sehen. Bekanntermaßen ist gerade das Abspaltungstheorem eine der Gretchenfragen, welche die Spaltung der früheren Krisis evozierte, und zur Gründung des explizit wertABSPALTUNGSkritsichen EXIT!-Zusammenhangs führte.
Die zweite Ärgerlichkeit an Jappes Einführung ist der missratene Untertitel. Der Autor fasst die Entwicklung der letzten 15 Jahre zusammen; er gibt aber kein einziges Jota „für eine neue Wertkritik“. Dies erinnert eher an die allgemeine Hybris des konkurrenzistischen bürgerlichen Subjekts, als an fundamentale eine Kritik seiner Konstitutionsbedingungen.
Baumeister, Biene/Negator, Zwi: Situationistische Revolutionstheorie. Eine Aneignung, Stuttgart 2005
Ein weiteres Werk aus der theorie.org Reihe. Diesmal eben sich beschäftigend mit der Situationistischen Internationalen(SI). Diese war mit ihrer Insistenz auf den Marxschen Fetischismusbegriff und ihrem antipolitizistischen Praxisbegriff eine wichtige Ausnahme im sonst so tristen Blätterwald des Arbeitsmarxismus der 50er (und 60er)Jahre. Mit dem Aufgreifen von surrealistischen und dadaistischen Konzeptionen versuchten die SI die proklamierte Aufhebung der Kultur zu vollführen. Das vorliegende Einführungswerk gibt über diese Tendenzen und Techniken auf rund 230 Seiten einen veritablen Überblick. Es gab eben auch jenseits der Debordschen „Gesellschaft des Spektakels“ eine (wertkritisch) aufzugreifende und neu zu konzeptualisierende Theorie des Situationismus. Zum Kennen lernen dieses Metier eignet sich das besagte Einführungsbuch vorzüglich.
Siehe auch „Bücher to do stapel“ die Erste.
Horkheimer, Max: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, Frankfurt am Main 1985
Dieses als „Dialektik der Aufklärung light“, da nicht ganz so apodiktisch, bekannte Werk, kann wohl neben dem Obengenannten als das wichtigste Werk der kritischen Theorie angesehen werden. Max Horkheimer geht in diesem Kompendium der Frage nach, warum die Menschheit eben nicht in den erhofften menschlichen Zustand eingetreten ist, und stattdessen in der absoluten Barbarei zu versinken drohte. Da Abfassen dieses Werkes Ende der 30er Jahre stattgefunden hat, lässt sich hinzufügen: versunken ist. Im Englischen Original als „Eclipse of Reason“ veröffentlicht ist der deutsche Titel wohl eher schlecht gewählt. Ein besserer Titel wäre wohl die „Tautologisierung der Vernunft“ oder Ahnliches gewesen. Horkheimer selbst versucht darin zu beschreiben, wie sich der zuerst emphatische Vernunftbegriff der frühen Aufklärung, in Zeiten des technokratischen Positivismus in sein Gegenteil verkehrte. In seinen eigenen Worten: „Mehr und mehr verliert das moderne Denken die Fähigkeit, neben der Effektivität der Mittel auch die Vernünftigkeit der Zwecke zu beurteilen“(Vorwort). In anderen Worten, die tautologische Bewegung des Kapitals in der das Mittel zum Zweck, immer wieder aufs Neue zum Mittel degradiert wird, sedimentiert sich auch in den Köpfen der Menschen. Inwieweit die durchwegs irrationale kapitalistische Binnenrationalität sich in den je Einzelnen durchgesetzt hat, lässt sich an jedem x-beliebigen Sozialprotest zeigen. Diese Vernunftkonzeption ist dabei das genaue Gegenteil der Verwirklichung des je einzelnen Menschen.
Horkheimers aufgrund seiner Transhistorizität problematischer Aufklärungsbegriff und seine damit Hand in Hand gehende Idealisierung der frühen Aufklärer(Innen) des dräuenden Kapitalismus, sei hier nur nebenbei erwähnt.
Weiters finden sich in diesem Werk, deshalb zu Anfangs auch die Klassifizierung als Kompendium, als zweiter Teil, mehrere philosophische sowie soziologische Vorträge Horkheimers. Darunter sind solch bekannte wie „Autorität und Famlie in der Gegenwart“, aber auch fast persönlich und im Duktus jovial wirkende Notizen, wie z.B. „Zur Ergreifung Eichmanns“.
Enderwitz, Ulrich: Konsum, Terror und Gesellschaftskritik – Eine Tour d´horizon, Münster 2005
Wie es der Untertitel schon erwähnt handelt es sich bei diesem Büchlein von Ulrich Enderwitz wirklich nur um eine „Tour d´horizon“. Auf knapp 120 Seiten versucht Enderwitz solch ausufernden Themen dem Verhältnis zwischen „Spätkapitalismus und Absatzkrise“(ja, das riecht nach Krisentheorie) demselben zwischen „Imperialismus und Islamismus“ nachzugehen. En passant soll dann auch die die Entwicklung der (post)andideutschen Linken zur affimatorischen Claqueurskompagnie erklärt werden. Dies kling nach einer ganzen Menge. Dieses Buch kann somit wohl auch als letzter Schritt der „Traditionalisierung des Ulrich Enderwitz“(ca-ira Mannen) angesehen werden. Trotz der teilweise auf Distinktionsakademismus frisierten Sprache ist dieses Werk für zwischendurch eine nette Anschaffung.
Außerdem lässt es sich komplett auf der der Enderwitzschen Homepage herunterladen.
Jappe, Anselm: Die Abenteuer der Ware – Für eine neue Wertkritik, Münster 2005
Anselm Jappe unternimmt unter falschem Emblem hier eine ehrenvolle Aufgabe. Mit diesem seinem Werk ist nun erstmals eine fundamentale Einführung in das Theoriegebäude der Wertkritik erschienen. Dieser ist immer schon ein marxologischer Hermetismus vorgeworfen worden. Diese Einführung sollte diese Mär nun endgültig Lügen strafen. Denn darin werden in durchwegs konziser Sprache die theoretischen Entwicklungen der letzten 15 Jahre der Zeitschrift „Krisis“(siehe auch unter Links) ausgerollt. Trotz diesen unbestreitbaren Meriten des Werkes geschieht dies aus zweierlei Gründen auf tönernen Füßen. Einerseits erwähnt Jappe zwar alle wertkritischen Basics von A wie Arbeitskritik bis Z wie Zusammenbruchtstheorie, dem essentiellen Abspaltungstheorem von Roswitha Scholz zollt er aber nur mit einer randglossarischen Fußnote Respekt. Deswegen ist es auch durchaus korrekt Jappes Monographie als Resumee der Krisis - Theoriebildung zu sehen. Bekanntermaßen ist gerade das Abspaltungstheorem eine der Gretchenfragen, welche die Spaltung der früheren Krisis evozierte, und zur Gründung des explizit wertABSPALTUNGSkritsichen EXIT!-Zusammenhangs führte.
Die zweite Ärgerlichkeit an Jappes Einführung ist der missratene Untertitel. Der Autor fasst die Entwicklung der letzten 15 Jahre zusammen; er gibt aber kein einziges Jota „für eine neue Wertkritik“. Dies erinnert eher an die allgemeine Hybris des konkurrenzistischen bürgerlichen Subjekts, als an fundamentale eine Kritik seiner Konstitutionsbedingungen.
Baumeister, Biene/Negator, Zwi: Situationistische Revolutionstheorie. Eine Aneignung, Stuttgart 2005
Ein weiteres Werk aus der theorie.org Reihe. Diesmal eben sich beschäftigend mit der Situationistischen Internationalen(SI). Diese war mit ihrer Insistenz auf den Marxschen Fetischismusbegriff und ihrem antipolitizistischen Praxisbegriff eine wichtige Ausnahme im sonst so tristen Blätterwald des Arbeitsmarxismus der 50er (und 60er)Jahre. Mit dem Aufgreifen von surrealistischen und dadaistischen Konzeptionen versuchten die SI die proklamierte Aufhebung der Kultur zu vollführen. Das vorliegende Einführungswerk gibt über diese Tendenzen und Techniken auf rund 230 Seiten einen veritablen Überblick. Es gab eben auch jenseits der Debordschen „Gesellschaft des Spektakels“ eine (wertkritisch) aufzugreifende und neu zu konzeptualisierende Theorie des Situationismus. Zum Kennen lernen dieses Metier eignet sich das besagte Einführungsbuch vorzüglich.
Siehe auch „Bücher to do stapel“ die Erste.
beschaedigtesleben - 17. Mai, 23:00