„Subjekt-Objekt“ Zum 120. Geburtstag von Georg Lukacs

Heute vor 120. Jahren wurde der ungarische Philosoph Georg Lukacs geboren. Er beeinflusste den westlichen Marxismus wie kaum einE andereR. Ohne sein epochales Werk „Geschichte und Klassenbewusstsein“, wäre zum Beispiel eine kritische Theorie Adornos und Horkheimers Provenienz undenkbar gewesen. Er ist dabei einer der ersten Theoretiker der sich den Marxschen Begriffen des Fetischismus der Verdinglichung angenommen hat. Daraus resultierend bezieht er sich konzise auf die Subjekt-Objekt Dialektik, die das warenmonadische Dasein des Menschen im (Spät-)Kapitalismus auszeichnet. Er machte dabei die Helgelschen erkenntnistheoretischen Ausführungen über Subjekt und Objekt, durch eine materialistische Umdeutung, für den Marxismus urbar. Wenn Marx Hegel vom Kopf auf die Füße gestellt hat, dann hat Lukacs Hegel die Umstände erklärt, welche ein solches Subjekt Objekt Schema erst richtiggehend erschaffen. Somit wurde der bisherig wackelig auf tönernen Beinen stehende Hegelmarxismus von Lukacs in Zement gegossen. Ganz gelingt ihm dies aber nicht, da er deterministisch, und somit ganz traditionsmaxistisch dem Proletariat, alleine aufgrund seiner Stellung innerhalb des Produktionsprozesses und dem daraus resuitierenden Erkenntnis der eigenen Warenförmigkeit, eine den Kapitalismus transzendierende Rolle zuschreibt. Somit ist Lukacs sozusagen auf halber Strecke stehen geblieben. Er fokussiert zwar bereits die basale Kategorien der kapitalistischen Vergesellschftung, nämlich die Ware, beschreibt das daraus entstehende notwendig falsche Bewusstsein, sieht aber nicht, dass das Kapital selbst(als Vermittlungsform), gleichsam als so etwas wie der materialisierte Weltgeist, eben jenes Subjekt Objekt Schema konstituiert. Somit frönt er einem gewissen Klassenfetischismus um diesem Dilemma zu entrinnen.

Bezugnehmend auf eben diesen 120. Geburtstag von Georg Lukacs hat auch die JungeWelt(jW) zwei Schwerpunktartikel zu seinem Schaffen veröffentlicht. Deren einer sei hier explizit empfohlen. Er beschreibt kursorisch und bündig das Werk Lukacs und dessen Rezeption. Ein kurzer Teil des Textes sei hier aufgrund seiner Prägnanz erwähnt:


„Diesen realen Schein[der ontologischen Eigenschaften des Kapitalismus, Anm. B.L.] zu entmystifizieren und defetischisieren und als Produkt menschlicher Tätigkeit aufzuzeigen, die »Tatsachen« in soziale und geschichtliche Prozesse aufzulösen, ist nun Aufgabe der Dialektik: »Die Dialektik sieht die fixierten Schöpfungen, Gebilde und Gegenstände, den ganzen Komplex der materiellen, dinglichen Welt, ebenso wie die Welt der Vorstellungen und des geläufigen Denkens, nicht als etwas Ursprüngliches und Selbständiges an, sie nimmt sie nicht in ihrer fertigen Gestalt, sondern unterwirft sie einer Untersuchung, in der die verdinglichten Formen der gegenständlichen und ideellen Welt sich auflösen, ihre Fixiertheit, Natürlichkeit und angebliche Ursprünglichkeit verlieren und sich auf diese Weise als abgeleitete und vermittelte Erscheinungen, als Sedimente und Gebilde der gesellschaftlichen Praxis der Menschen zeigen.« (Karel Kosik) Sonach ist es weder die Aufgabe der dialektischen Gesellschaftstheorie, sich defätistisch-pragmatisch einem beobachteten Fixum von Tatsachen unterzuordnen, noch sich über diese anarchistisch-voluntaristisch zu erhöhen, sondern deren wesentliche Vermittlungszusammenhänge als in der Gesellschaft selbst stattfindende antagonistische Prozesse aufzudecken.“


Lukacs Totalitäts- und Fetischismuskritik wird auch weiterhin, besonders in Zeiten in denen das Kapital seine desaströsen finalen Wehen erlebt, für alle emanzipatorischen Bewegungen einen Fluchtpunkt bilden müssen. Die Dialektik scheint dafür der einzige gangbare Weg aus dem erkenntnistheoretischen Prokrustesbett zu sein.

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